Verkehrsrecht ist zwar ein auch unter Juristen gebräuchlicher Begriff; gleichwohl gibt es eine klare Abgrenzung der darunter fallenden Rechtsgebiete nicht. Wir ordnen dem Verkehrsrecht in erster Linie Rechtsangelegenheiten aus den Bereichen Ordnungswidrigkeiten und Strafsachen im Straßenverkehr, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach Verkehrsunfällen, Ansprüche aus Autokaufverträgen oder nach Werkstattreparaturen und Angelegenheiten der Kraftfahrversicherung (Haftpflicht-, Teil- oder Vollkaskoversicherung) zu. Einzelinformationen zu ausgewählten Themen finden Sie in unserer Rubrik „Hinweise“, Entscheidungen von allgemeinerer Bedeutung in unserer Rubrik „Aktuelle Rechtsprechung“.

Hinweise zum Rechtsgebiet

Weiterführende Links

  • http://www.adac.de
    Homepage des ADAC. Viele Tipps rund ums Auto, u.a. mit Online-Versicherungsvergleich. Erweiterte Informationen für Mitglieder des ADAC.
  • http://www.zentralruf.de
    U.a. Online-Abfrage der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners. Voraussetzung ist aber, dass man amtliches Kennzeichen und Halter des anderen Fahrzeuges angeben kann.
  • http://www.kba.de
    Die Eingangsseite vom Kraftfahrbundesamt in Flensburg mit detaillierten Infos zum Verkehrssünder-Punktesystem und Angaben, wie jeder seinen dortigen Kontostand abfragen kann.

FAQ

Wartepflicht und Entfernungsrecht

Für den zum Unfallzeitpunkt am Unfallort befindlichen Unfallbeteiligten besteht eine Wartepflicht. Zudem hat er die Pflicht, sich als möglicher Unfallbeteiligter vorzustellen (Vorstellungspflicht), sofern nicht seine Beteiligung am Unfall bereits bekannt ist.

Ein Anspruch auf Verlassen des Unfallortes besteht erst dann, wenn der Unfallgegner oder ein feststellungsbereiter Dritter über alle zur Schadenregulierung erforderlichen Angaben verfügen.

Straffrei bleibt ein Unfallbeteiligter zudem, wenn er eine angemessene Zeit am Unfallort vergeblich gewartet hat und er unverzüglich die erforderlichen Feststellungen nachträglich ermöglicht. Eine Wartepflicht am Unfallort wird je nach Gericht für eine Zeit von mindestens 30-45 Minuten angenommen. Die dann vorzunehmende nachträgliche unverzügliche Meldung soll ohne schuldhaftes Zögern erfolgen.

Hat sich der Unfallbeteiligte vor Ablauf der Wartezeit aus anderen Gründen berechtigt und entschuldigt vom Unfallort entfernt, so hat er auch hier ohne schuldhaftes Zögern die erforderlichen Feststellungen nachträglich zu ermöglichen. Zur Entfernung berechtigt ist der Unfallbeteiligte nur im Ausnahmefall, so z.B. wenn er nicht unerheblich verletzt ist. Auch gesundheitliche Eigengefährdungen (besondere Wetterverhältnisse) können von der Wartepflicht entschuldigen. Wichtige Termine hingegen entschuldigen den Unfallbeteiligten regelmäßig nicht.

Strafe und tätige Reue

Unfallflucht ist eine Straftat. Es gilt daher nicht der Bußgeldkatalog. Das Gesetz droht für ein solches Vergehen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren an. Daneben kommt ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht.

Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, kann bei einem Unfall mit nicht bedeutendem Sachschaden durch Tätige Reue zumindest eine Strafmilderung, unter Umständen auch Straffreiheit erlangen. Dies kommt dem Unfallbeteiligten aber nur dann zugute, wenn die innerhalb von 24 Stunden vorzunehmende nachträgliche Meldung freiwillig erfolgt. Glaubt der Unfallbeteiligte, dass die Tat entdeckt ist, so handelt er nicht mehr freiwillig.

Alkohol im Straßenverkehr – Bußgeld oder Strafe

Blutalkoholkonzentration Ausfallerscheinung Bußgeld / Strafe
> 0,3 Promille nein
> 0,3 Promille ja Geld- oder Freiheitsstrafe
Führerscheinentzug
> 0,5 Promille nein Geldbuße / Fahrverbot
> 0,5 Promille ja Geld- oder Freiheitsstrafe
Führerscheinentzug
> 1,1 Promille egal Geld- oder Freiheitsstrafe
Führerscheinentzug

Fahruntüchtigkeit

Bei einer Blutalkoholkonzentration von über 1,1 Promille ist nach der Rechtsprechung jeder Fahrzeugführer absolut fahruntüchtig. Insoweit besteht keine Möglichkeit eines Gegenbeweises und es kommt bei der Beurteilung der Fahrtuntüchtigkeit auch nicht auf das Vorliegen von Ausfallerscheinungen an.

Das Führen eines Fahrzeuges unter Alkohol im Straßenverkehr ist bereits auch dann eine Straftat, wenn der Fahrer relativ fahruntüchtig ist. Dies kommt bereits bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,3 Promille in Betracht und zwar genau dann, wenn bestimmte Ausfallerscheinungen den Schluss auf eine alkoholbedingte Fahrunsicherheit zulassen.

Ausfallerscheinungen können sich aus der Person oder aus dem Fahrverhalten ergeben. Ausfallerscheinungen in der Person können bei Lallen oder schwankendem Gang angenommen werden. Ausfallerscheinungen im Fahrverhalten liegen insbesondere bei ungewöhnlichen Fahrfehlern vor.

Bußgeldkatalog: Geschwindigkeit

andere als in § 3 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe A oder B StVO genannte Fahrzeuge (im Wesentlichen PKW)

außerhalb geschlossener Ortschaften

Beschreibung Bußgeld Punkte Fahrverbot Hinweis
Überschreiten der zulässigen/festgesetzten Höchstgeschwindigkeit mit PKW:
bis 10 km/h 10 Euro
11 bis 15 km/h 20 Euro
16 bis 20 km/h 30 Euro
21 bis 25 km/h 70 Euro 1
26 bis 30 km/h 80 Euro 3
31 bis 40 km/h 120 Euro 3
41 bis 50 km/h 160 Euro 3 1 Monat
51 bis 60 km/h 240 Euro 4 1 Monat
61 bis 70 km/h 440 Euro 4 2 Monate
über 70 km/h 600 Euro 4 3 Monate

innerhalb geschlossener Ortschaften

Beschreibung Bußgeld Punkte Fahrverbot Hinweis
Überschreiten der zulässigen/festgesetzten Höchstgeschwindigkeit mit PKW:
bis 10 km/h 15 Euro
11 bis 15 km/h 25 Euro
16 bis 20 km/h 35 Euro
21 bis 25 km/h 80 Euro 1
26 bis 30 km/h 100 Euro 3
31 bis 40 km/h 160 Euro 3 1 Monat
41 bis 50 km/h 200 Euro 4 1 Monat
51 bis 60 km/h 280 Euro 4 2 Monate
61 bis 70 km/h 480 Euro 4 3 Monate
über 70 km/h 680 Euro 4 3 Monate

Allgemein

Beschreibung Bußgeld Punkte Fahrverbot Hinweis
Schrittgeschwindigkeit in verkehrsberuhigtem Bereich nicht eingehalten, sofern nicht mehr als 10 km/hzu schnell (PKW) 15 Euro
Nichtangepasstes Tempo trotz angekündigter Gefahrenstelle an unübersichtlichen Stellen, Bahnübergängen, Kreuzungen, Einmündungen und bei schlechten Sichtverhältnissen 50 Euro 3
desgleichen mit Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer 60 Euro 3
desgleichen mit Sachbeschädigung 75 Euro 3
Nicht angepasstes Tempo in anderen Fällen 35 Euro
Kinder, Hilfsbedürftige und Ältere gefährdet durch zu hohes Tempo, mangelnde Bremsbereitschaft oder ungenügenden Seitenabstand 120 Euro 3
Ohne triftigen Grund so langsam gefahren, dass der reibungslose Verkehrsfluss behindert wurde 40 Euro
Illegale Kraftfahrzeugrennen
als Teilnehmer 400 Euro 4 1 Monat
als Veranstalter 500 Euro 4
Radarwarn- oder Laserstörgerät betrieben oder betriebsbereit mitgeführt 75 Euro 4 zusätzlich Beschlagnahme und Vernichtung des Gerätes möglich

Alle Angaben ohne Gewähr. Irrtümer vorbehalten.

Täteridentifizierung

Da für die Geschwindigkeitsübertretung nicht der Halter, sondern nur der Fahrer verantwortlich gemacht werden kann, kommt der Täteridentifizierung besondere Bedeutung zu. Ihr Rechtsanwalt wird daher unmittelbar nach seiner Beauftragung Akteneinsicht beantragen. Eine nicht erfolgte Täteridentifizierung ist der wahrscheinlichste Einstellungsgrund im Ermittlungsverfahren.

Zu beachten ist, dass bei einem erheblichen Verkehrsverstoss und bei fehlender Mitwirkungsbereitschaft bei der Täteridentifizierung dem Halter gegebenenfalls eine Fahrtenbuchauflage droht.

Messverfahren

Die überwiegenden Messverfahren gelten in der Rechtsprechung als standardisierte Messverfahren. Dabei wird das Gericht insbesondere bei der Gültigkeit eines Eichscheins für das eingesetzte Messgerät und beim Nachweis, dass der Messbeamte erfolgreich an einer Schulung teilgenommen hat, von der Zuverlässigkeit des Messverfahrens ausgehen. Zum Nachweis eines Messfehlers bedarf es daher in diesen Fällen der Benennung von konkreten Umständen, die zur Fehlmessung geführt haben.

Die Feststellung einer Geschwindigkeitsübertretung unmittelbar hinter einem die Geschwindigkeit regelnden Verkehrsschild stellt eine geringere Pflichtwidrigkeit dar und kann zu einer Einstellung des Verfahrens oder zumindest zu einer Reduzierung der Geldbuße bzw. dem Absehen vom Regelfahrverbot führen.

Bei einer Messung durch Nachfahren ist eine Mindestmessstrecke einzuhalten. Der Abstand zwischen den Fahrzeugen sollte dabei möglichst gleich bleiben. Schließlich ist ein höherer Sicherheitsabzug als üblich vorzunehmen.

Allgemein

Beschreibung Bußgeld Punkte Fahrverbot
Rote Ampel überfahren 50,00 Euro 3 kein
mit Gefährdung oder Sachbeschädigung 125,00 Euro 4 1 Monat
Qualifizierter Verstoß 125,00 Euro 4 1 Monat
mit Gefährdung oder Sachbeschädigung 200 Euro 4 1 Monat

Alle Angaben ohne Gewähr. Irrtümer vorbehalten.

Täteridentifizierung

Da für das Überfahren einer roten Ampel nicht der Halter, sondern nur der Fahrer verantwortlich gemacht werden kann, kommt hier der Täteridentifizierung besondere Bedeutung zu. Ihr Rechtsanwalt wird daher unmittelbar nach seiner Beauftragung Akteneinsicht beantragen. Eine nicht erfolgte Täteridentifizierung ist der wahrscheinlichste Einstellungsgrund im Ermittlungsverfahren.

Zu beachten ist, dass bei einer fehlenden Mitwirkungsbereitschaft bei der Täteridentifizierung dem Halter bei einem Rotlichtverstoß eine Fahrtenbuchauflage droht.

Einzelfälle

Der Nachweis eines qualifizierten Rotlichtverstoßes erfordert regelmäßig eine exakte Messung. Ein qualifizierter Verstoß liegt nur dann vor, wenn die Ampel bereits über 1 Sekunde Rotlicht gezeigt hat. Eine Schätzung ist nur unter besonderen Umständen geeignet einen solchen Verstoß zu begründen.

Ein Fahrspurwechsel begründet dann einen Rotlichtverstoß, wenn der Fahrer in den durch das Rotlicht geschützten Bereich der Kreuzung einfährt. Insbesondere also dann, wenn der Fahrer in die durch Grünlicht freigegebene Spur in den Kreuzungsbereich einfährt und dort einen Spurwechsel vornimmt.

Ein Umfahren der Ampel über ein Grundstück begründet keinen Rotlichtverstoß.

Voreintragungen können zur Erhöhung der Geldbuße führen. Insoweit kann auch ein „unbegründetes“ Rechtsmittel sinnvoll sein. Nämlich dann, wenn durch die Hemmung der Rechtskraft Voreintragungen im Verkehrszentralregister gelöscht werden.

Vorladung zur Polizei – Was tun?

Prüfen Sie, ob Sie als Zeuge oder Beschuldigter/Betroffener vorgeladen werden. Gibt es dabei Unklarheiten, sollte dies vor Aussagen zur Sache geklärt werden. wenn Sie nicht Zuege sind, sollten Sie vor dem Besuch der Behörde einen Anwalt um Rat fragen. In den allermeisten Fällen empfiehlt es sich nicht, vor Akteneinsicht gegenüber der Polizei auszusagen. Einer Vorladung der Polzei muss man übrigens nicht Folge leisten. Das Fernbleiben kann nicht geahndet werden und verschlechter die eigene Position nicht. Auch Zeugen haben Aussageverweigerungsrechte, wenn beipielsweise gegen Personen ermittelt wird, die dem Zeugen nahe stehen (§ 52 StPO: Verlobte, Ehegatten, Verwandte, Verschwägerte).

Vorwurf Unfallflucht – Was tun?

Wer mit diesem Vorwurf konfrontiert wird, sollte im eigenen Interesse keinerlei Angaben zur Sache machen, bevor nicht ein Anwalt bei der Ermittlungsbehörde Akteneinsicht nehmen konnte. Anderenfalls ist die Gefahr groß, dass man Verteidigungsmöglichkeiten aus Unwissenheit aufgibt. Wer genau weiß, dass mit dem Wagen ein anderer, bspw ein Familienmitglied gefahren ist, sollte ebenfalls dazu gegenüber der Polizei keinerlei Angaben machen. Ihm steht hinsichtlich eines bestimmten Personenkreises ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Ein Anwalt wird entscheiden können, ob es sinnvoll ist, zu einem späteren Zeitpunkt Angaben zu machen.

Punkte in Flensburg?

Wann Punkte eingetragen und wann sie getilgt werden, läßt sich auf der Internetseite des Kraftfahrbundesamtes nachlesen (s. hierzu Link auf unserer Eingangsseite zum Verkehrsrecht). Den eigenen Punktestand kann man beim KBA mit Übersendung einer Personalausweiskopie (Vor- und Rückseite) kostenlos abfragen.

„Auch Fahrschüler können bei Unfall haften“

OLG Koblenz, Aktenzeichen: 12 U 772/02

Auch ein Fahrschüler kann für einen Verkehrsunfall haftbar gemacht werden. Das geht aus einem durch die Verkehrsanwälte (Arge Verkehrsrecht im DAV) bekannt gewordenen Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz hervor. Nach dem Richterspruch gilt dies jedenfalls dann, wenn der Fahrschüler unter Berücksichtigung seines Ausbildungsstandes und seines Könnens den Unfall »unschwer hätte vermeiden können«. Das Gericht gab mit seinem Urteil der Haftungsklage eines Autofahrers gegen einen Fahrschüler statt. Der Schüler hatte sich mit seinem Wagen in der Mitte der Straße eingeordnet und wollte nach links abbiegen. Dies tat er dann auch, obwohl sich im Gegenverkehr das Auto des Klägers mit hoher Geschwindigkeit näherte und der Mann einen Zusammenstoß nicht mehr vermeiden konnte. Das OLG hielt dem Fahrschüler grobes verkehrswidriges Verhalten vor. Die Richter konnten insbesondere dem Argument der Gegenseite nicht folgen, der Kläger hätte seine Geschwindigkeit zwangsläufig reduzieren müssen, als er das als »Fahrschulwagen« gekennzeichnete Fahrzeug erkannt habe. Eine derartige erhöhte Sorgfaltspflicht des Gegenverkehrs gegenüber Fahrschülern bestehe nicht.

„Bremsbereitschaft reicht nicht aus“

OLG Celle, Aktenzeichen: 14 U 125/03

Nähert sich ein Kraftfahrer einem am Straßenrand stehenden Kind, reicht es in der Regel aus, dass er sich ab dem Augenblick der Wahrnehmung bremsbereit hält. Er ist nicht verpflichtet, sein Fahrzeug bereits zu diesem Zeitpunkt (vorsorglich) abzubremsen, wenn nicht besondere Auffälligkeiten hinzukommen. Auf diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle machen die Verkehrsanwälte (Arge Verkehrsrecht im DAV) aufmerksam. Zwei über 10 und 12 Jahre alte Kinder standen am rechten Fahrbahnrand auf einem kombinierten Rad/Gehweg, als sich der beklagte Autofahrer näherte. Alle in erster Instanz vernommenen Zeugen bestätigten, das 10jährige Kind sei völlig überraschend auf die Straße gelaufen. Im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts, wollten die OLG-Richter allein wegen der Betriebsgefahr des Pkw weder den Fahrer noch dessen Haftpflichtversicherung in die Pflicht nehmen. Die in erster Instanz vom Landgericht gestellten Anforderungen des »äußerst sorgfältigen Autofahrers« seien überspannt, wenn es von ihm verlangt, sein Fahrzeug bereits vorsorglich abzubremsen, wenn er zwei am Straßenrand wartende Kinder bemerkt. Auch gegenüber Kindern gilt grundsätzlich der Vertrauensgrundsatz, so die Richter. Nur dann, wenn das Verhalten der Kinder (oder die Situation, in der sie sich befinden) Auffälligkeiten zeigen, die zu Gefährdungen führen könnten, wird von dem Kraftfahrer verlangt, dass er besondere Vorkehrungen wie z. B. Verringerung der Fahrgeschwindigkeit oder Einnehmen der Bremsbereitschaft zur Abwendung der Gefahr trifft. Angesichts des Alters der beiden am Straßenrand wartenden Kinder durfte jeder Verkehrsteilnehmer davon ausgehen, dass sie über die notwendige Einsicht und Fähigkeit verfügten, die Verkehrssituation zu meistern. Dies gilt hier umso mehr, als die beiden Kinder am Straßenrand bereits angehalten hatten und warteten. In dieser Situation durfte jeder Kraftfahrer darauf vertrauen, dass sie ihn zunächst passieren lassen würden. Der Unfall war damit für den Autofahrer nicht zu vermeiden.

„Panikbremsung – Auffahrender nicht immer Schuld“

AG München, Aktenzeichen: 345 C 10019/01

Wenn an einer »grünen« Ampel ein Autofahrer ohne jeden erkennbaren Grund plötzlich abbremst, trifft den Fahrer des nachfolgenden Autos bei einem Auffahrunfall in der Regel keine Schuld. Dies hat das Amtsgericht (AG) München in einem rechtskräftigen Urteil entschieden, wie die Verkehrsanwälte (Arge Verkehrsrecht im DAV) berichten. In dem Fall waren mehrere Autos an einer Kreuzung auf der Linksabbiegerspur losgefahren, als für sie die Ampel auf »Grün« gesprungen war. Der Fahrer des ersten Wagens machte plötzlich eine Vollbremsung, weil die Ampel für den Geradeaus-Verkehr auf »Rot« umgeschaltet hatte und er dachte, dies gelte auch für die Abbiegespur. Der Wagen dahinter fuhr auf. Für dessen Fahrer sei das Bremsmanöver völlig unvorhersehbar und damit ein »unabwendbares Ereignis« gewesen, entschied das Gericht, das dem Vorausfahrenden ein 100-prozentiges Verschulden an der Kollision anlastete. Zwar sei der Hintermann objektiv mit zu geringem Abstand hinter dem anderen Wagen hergefahren. »dies ist jedoch im Großstadtverkehr zulässig, weil an einer Ampel so angefahren werden darf, wie die Fahrzeug stehen – sonst würde die Grünphase nicht ausgenutzt und der Verkehr behindert«, hieß es in dem Urteil.

„Kollision auf Supermarkt-Parkplatz“

AG Stadtroda, Aktenzeichen: 2 C 835/00

Bei Kollisionen auf Supermarkt-Parkplätzen neigen die Gerichte in den meisten Fällen dazu, die Haftung zwischen den Streitparteien im Verhältnis 50:50 zu teilen. Grund dafür ist eine gestiegene Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, die von der Justiz allen Nutzern eines solchen Parkplatzes verlangt wird. Dies ist auch Tenor eines von den Verkehrsrechts-Anwälten (Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein – DAV) mitgeteilten Urteils des Amtsgerichts (AG) Stadtroda. Hier war es zu einer »klassischen« Parkplatz-Karambolage gekommen: Zwei Autofahrer setzten rückwärts aus ihren Parklücken und prallten mit den Heckpartien ihrer Autos zusammen. Der Schaden betrug insgesamt rund 8.000 Mark. Streitig war nun, ob einer der beiden zum Unfallzeitpunkt bereits gestanden hatte und ob der andere Kontrahent mit Erfolg geltend machen konnte, ihm sei durch einen Abstellplatz für Einkaufswagen die Sicht genommen worden. Die Beweisaufnahme gab weder für die eine noch für die andere Argumentation ein schlüssiges Ergebnis. Somit galt aus Sicht des Gerichts wieder der Halbe-Halbe-Grundsatz: »Soweit keine weiteren, eine andere Beurteilungen rechtfertigenden Umstände ersichtlich sind, ist regelmäßig von einer hälftigen Schadensteilung auszugehen«, hieß es in dem Urteil. Redlich geteilt wurden schließlich auch die Gerichtskosten.

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RA. Olaf Hess

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